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Spitzensport | Alexander Haas
Die Leiden des jungen Steiner - eine Karriere mit
Hindernissen
Es ist der Traum jedes Sportlers: einmal bei den Olympischen
Spielen ganz oben dem Siegertreppchen zu stehen. Geschmückt mit einer
Goldmedaille um den Hals wird die eigene Leistung durch das Abspielen der
Nationalhymne zusätzlich gewürdigt. Zuweilen können die Zuschauer
dann selbst vermeintlich abgebrühte Athleten beobachten, die vor Rührung
Tränen in den Augen haben. Für genau so einen Moment soll bei Olympia
in Peking im August dieses Jahres ein junger Gewichtheber sorgen. Matthias
Steiner gilt als die größte Medaillenhoffnung für den Bundesverband
Deutscher Gewichtheber (BVDG) und könnte eine jahrelange Flaute ohne
Topplatzierung beenden.
Dabei sah es noch vor einigen Monaten nicht danach aus, als
würde der 25-Jährige die schwarz-rot-goldenen Landesfarben in Peking
vertreten. Bis es soweit kommen konnte, vergingen Jahre des Wartens und während
dieser Zeit stellte das Schicksal den jungen Mann zudem auf eine harte Probe.
Und eigentlich war seine Teilnahme an einem großen Turnier für
die deutsche Auswahl zu Beginn der Karriere auch gar nicht vorgesehen. Doch
der Reihe nach.
Wie der Vater, so der Sohn
1995 begann der aus Obersulz in Niederösterreich stammende
Steiner mit dem Gewichtheben. Sein Vater Friedrich war als mehrfacher Weltmeister
im Seniorenbereich sehr erfolgreich und so lag es nahe, dass sich auch der
Filius früher oder später im Reißen und Stoßen der mit
Eisenscheiben bestückten Langhantel versuchen würde. Schnell stellte
sich das ausgesprochene Talent von Steiner junior heraus und der Aufstieg
in die Junioren-Nationalmannschaft ließ nicht lange auf sich warten.
Sowohl bei der Nachwuchs-EM 2001 sowie der EM und WM im darauf folgenden Jahr
erkämpfte Steiner den dritten Platz.
Auch nach dem Wechsel in die allgemeine Klasse zeigte er kaum
Eingewöhnungsschwierigkeiten und bewies seine Fähigkeiten durch
Top-Ten-Platzierungen bei den Europa- und Weltmeisterschaften 2003 und 2004.
Seinen ersten internationalen Titel gewann Steiner bei den EU-Meisterschaften
2004, als er die Konkurrenz dominierte und auf dem Siegerpodest ganz oben
stand. Noch im selben Jahr folgte in Athen die erste Teilnahme an Olympischen
Spielen, wobei er der erste österreichische Olympiateilnehmer seit 16
Jahren war. Und wieder erfüllte er die Erwartungen, stellte seinen eigenen
österreichischen Rekord ein und belegte einen starken siebten Platz.
Eine große Karriere als Gewichtheber schien vorprogrammiert
und bis zum ersten wirklich großen Coup auch nur noch eine Frage der
Zeit zu sein. Dann nahm Steiners Karriere jedoch einen unerwarteten Verlauf.
Zwischen ihm und dem österreichischen Verband kam es zu Differenzen,
die den Ausgangspunkt einer jahrelangen Leidenszeit markierten. „Mir
waren immer wieder Versprechungen gemacht worden, die dann aber nie eingehalten
wurden. So habe ich beispielsweise vergeblich darauf gewartet, dass ich endlich
einen Trainer bekomme, der mein komplettes Leistungsvermögen aus mir
rauskitzelt“, erinnert sich der 130-Kilo-Hüne daran, wie alles
anfing.
Ein Nationalitätenwechsel als Alternative
Unzufrieden mit der damaligen Situation, machte sich Steiner
auf die Suche nach Alternativen und zog dabei sogar einen Verbandswechsel
in Betracht. Anfang 2005 erfolgte erstmals der Kontakt zu den deutschen Gewichthebern.
Beide Seiten befürworteten eine gemeinsame Zusammenarbeit, allerdings
musste Steiner dafür die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen. Ein
entsprechender Antrag wurde gestellt, da jedoch mehrere Jahre bis zu einem
positiven Bescheid vergehen konnten, musste der endgültige Wechsel vorerst
warten. Steiner trat weiter für sein Heimatland Österreich an, ergriff
fortan allerdings selbst die Initiative und engagierte im ehemaligen österreichischen
Nationalcoach Salama Maged einen privaten Trainer. Die Kosten für diese
Maßnahme trug er teilweise aus eigener Tasche, schließlich versprach
er sich viel von der Zusammenarbeit.
Maged sollte ihn auch bei der Europameisterschaft 2005 in Sofia
betreuen und zum großen Triumph auf internationaler Bühne verhelfen.
Allerdings stieß Steiners Alleingang beim österreichischen Verband
auf wenig Gegenliebe und in letzter Konsequenz trat er bei den Titelkämpfen
in Bulgarien ohne seinen Privattrainer an. Trotzdem konnte er nicht verhindern,
dass es nach der EM zum endgültigen Zerwürfnis kam, zu sehr war
Steiner bei den Verantwortlichen in Ungnade gefallen. „Man warf mir
damals mangelnde Einstellung vor und ging sogar so weit, zu sagen, ich hätte
absichtlich die Gewichte hingeworfen. Dass ich mit solchen Vorwürfen
konfrontiert wurde, traf mich schon sehr hart“, so der gelernte Installateur.
Das Tischtuch zwischen beiden Parteien war nun endgültig zerschnitten
und eine weitere Zusammenarbeit unmöglich. Steiner gab seinen Rücktritt
aus der österreichischen Nationalmannschaft bekannt und machte sich auf
den Weg in eine ungewisse Zukunft.
Susann gibt Steiner neue Hoffnung
Als der junge Athlet am Tiefpunkt seiner noch jungen Karriere
schien, trat auf ungewöhnliche Weise eine junge Frau in sein Leben und
sorgte damit für eine unerwartete Wendung. Die junge Zwickauerin Susann
hatte zufällig einen Wettkampf der Gewichtheber im Fernsehen mitverfolgt
und sich sofort für Steiner begeistert. Sie ließ nichts unversucht,
um an seine Email-Adresse zu gelangen, schaffte es letztlich und nahm Kontakt
zu ihm auf. Anschließend verabredeten sich die beiden, Susann fuhr elf
Stunden mit dem Zug von Chemnitz nach Obersulz und das Schicksal nahm seinen
Lauf. „Beim ersten Treffen hat es direkt zwischen uns beiden gefunkt“,
beschreibt Steiner die Begegnung als Liebe auf den ersten Blick.
Im Juni 2005 zog Steiner zu Susann und im Dezember heirateten
die beiden. Schon bald fand Steiner in Sachsen auch eine neue sportliche Heimat.
Er heuerte beim Chemnitzer AC an, für den er fortan in der Bundesliga
an den Start ging. Darüber hinaus hatte das Paar einen zweiten Wohnsitz
in Leimen bei Heidelberg. Hier stand Steiner in direktem Kontakt zum Bundesleistungszentrum
der deutschen Gewichtheber und zu Cheftrainer Frank Mantek.
Steiner schien seinem Ziel einen großen Schritt näher
gekommen. Einzig die behördliche Genehmigung für eine Einbürgerung
fehlte noch, um endlich für die Bundesrepublik Deutschland an internationalen
Turnieren teilnehmen zu können. Bis zu einem positiven Bescheid konnten
jedoch weitere zwei Jahre vergehen. Erst im Juni 2008 würde Steiner drei
Jahre in Sachsen polizeilich gemeldet sein und damit die Voraussetzung für
einen Nationalitätenwechsel erfüllen. „Das war wiederum frustrierend
für mich, anhand meiner Leistungen in der Bundesliga wurde offensichtlich,
dass ich sowohl bei der EM als auch bei der WM durchaus den dritten Platz
hätte machen können“, erinnert er sich. So aber blieb ihm
nur die Rolle des Zuschauers und er musste tatenlos zusehen, wie die Konkurrenz
in seiner Abwesenheit bei zwei Europameisterschaften und zwei Weltmeisterschaften
um Titel und Ruhm kämpfte.
Olympia 2008 als großes Ziel
„Es hätte ja immer sein können, dass die Appelle
des Verbandes endlich Gehör finden und ich früher als eigentlich
vorgesehen einen positiven Bescheid bekommen würde. Darum habe ich mich
natürlich immer fit gehalten. Ich bin im Training immer an meine Leistungsgrenzen
gegangen und habe meinen Körper dadurch natürlich auch verschlissen.
Doch im Endeffekt war alles umsonst“, beschreibt der Superschwergewichtler
die Situation. Trotzdem verlor er sein Ziel nicht aus den Augen, die Olympischen
Spiele 2008 sollten sein Turnier werden. Dort wollte er zeigen, zu was er
in der Lage ist und seinen jahrelangen unermüdlichen Einsatz endlich
in Zählbares ummünzen. Anfang 2007 dann jedoch der Rückschlag:
Steiner verletzte sich und in der Folgezeit setzten ihn Knieprobleme immer
wieder außer Gefecht.
In diesen Momenten, in denen er schon drauf und dran war, alles
hinzuschmeißen, erwies sich seine Frau Susann als großer Rückhalt.
„Sie hat mich immer wieder aufgebaut und mir Mut gemacht, damit ich
mein großes Ziel nicht aus den Augen verliere. Für Olympia in Peking
hatte sie eigens ein Sparbuch angelegt. Wie bei meinen Bundesligawettkämpfen
wollte sie mich auch in China unterstützen.“
Doch erneut kreuzte das Schicksal Steiners Pläne und stellte
ihn dieses Mal in unbarmherziger Weise auf die härteste Probe seines
Lebens. Im Juli 2007 kam seine Frau Susann auf der Fahrt von Heidelberg nach
Leimen bei einem Autounfall ums Leben. Steiner wurde komplett der Boden unter
den Füßen weggerissen und er fiel in ein tiefes Loch. „Ich
konnte das gar nicht begreifen. In Susann hatte ich eine Frau gefunden, mit
der ich mein Leben auf so wunderbare Weise teilen konnte. Und dann wird sie
mir plötzlich genommen.“
Das Schicksal stellt Steiner auf eine harte Probe
Es folgte eine Zeit der tiefen Trauer, in der Steiner alles
in seinem Leben in Frage stellte und sich Selbstvorwürfe machte. „Ich
habe mir gesagt, dass das nicht passiert wäre, wenn sie nicht mit mir
nach Heidelberg gekommen wäre und gab mir die Schuld an dem, was passiert
war.“ Der junge Mann spielte mit dem Gedanken, seine Sportlerkarriere
zu beenden. Doch dann besann er sich eines besseren: „Ich weiß,
dass Susann nicht gewollt hätte, dass ich alles aufgebe. Es wäre
nicht in ihrem Sinne gewesen, schließlich hat sie immer gesagt, dass
sie nicht möchte, dass ich ein Bürohengst werde. Und wir hatten
doch unser großes gemeinsames Ziel, da wollte ich sie nicht enttäuschen,
sondern es auch ihretwillen weiter verfolgen.“
Steiner schöpft neuen Mut und rappelt sich wieder auf.
Nachdem er seine Verletzung vollständig auskuriert hat, steigt er wieder
ins Training ein und feiert am 15. Dezember nach neun Monaten Pause sein Comeback
für Chemnitz in der Bundesliga. Am selben Tag erreicht ihn auch der Bescheid,
dass er am 2. Januar 2008 die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt.
„Natürlich war das schon sehr positiv, das lange Warten hatte endlich
ein Ende. Aber komischerweise habe ich selber keine Veränderung bei mir
festgestellt.“
Die bemerkte allerdings Steiners Trainer Frank Mantek, dem auffiel,
dass sich Matthias „auf einmal im Training ganz anders verhielt und
viel motivierter war.“ Seither arbeiteten die beiden gezielt und noch
intensiver auf Olympia hin. Erster Prüfstein auf dem Weg dorthin war
das vorolympische Turnier in Peking Mitte Januar. Mit deutlichem Vorsprung
wurde Steiner Erster und sicherte sich dadurch gleichzeitig die Qualifikation
für das Hauptturnier im August. „Das war absolut beeindruckend.
Der Wettkampf hat in der Halle stattgefunden, in der wir auch im August antreten
werden, die Bedingungen waren optimal. Zudem war die Veranstaltung ausverkauft
und die fünftausend Zuschauer haben für eine tolle Atmosphäre
gesorgt. Und als die Nationalhymne für mich gespielt wurde, war das schon
etwas ganz Besonderes“, zeigte sich Steiner begeistert.
Endlich hat er die sportliche Perspektive, auf die er so lange hingearbeitet
hat. „Seitdem ich in Deutschland bin, kann ich unter den Bedingungen
trainieren, wie ich sie mir immer vorgestellt habe. Die Betreuung durch den
Bundestrainer könnte besser nicht sein. Herr Mantek, aber auch viele
andere Personen haben in den letzten Jahren so viel für mich getan, das
möchte ich ihnen jetzt gerne zurückzahlen.“
In Peking wird er gewiss alles geben, um sein Vorhaben
zu verwirklichen. Und auch wenn dabei keine Medaille herausspringen sollte,
Matthias Steiner hat den größten Kampf seines Lebens bereits gewonnen.
Gegen sein hartes Schicksal.
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